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Tamara Denić - eine Oscar-Preisträgerin in Marienau

Tamara Denić stellte gestern ihren Film „ISTINA“ (Wahrheit) zusammen mit Christoph Giesa und der Friedrich-Naumann-Stiftung in Marienau vor. Der Film ist ihre Abschlussarbeit an der Hamburg Media School, mit dem die den „Studierenden-Oscar“, den Max-Ophüls-Publikumspreis gewann.


Lars Humrich leitete den Abend mit der Frage ein, worauf wir unser Zusammenleben aufbauen: „Ist es das Recht des Stärkeren? Der Erfolg des Skrupelloseren? Diese dunklen Zeiten haben wir in Deutschland schon gehabt. Familie, Schule und Internat, Gesellschaft brauchen Werte, auf denen sie ihr Miteinander aufbauen und auf deren Grundlage sie ihre Meinungsverschiedenheiten austragen können. Die freie Presse ist ein Instrument, das uns hilft, Fakten zu verstehen und daraus unsere Meinung zu bilden. Gibt es keine freie Berichterstattung, sind wir einer unübersichtlichen Informationsflut ausgeliefert oder noch schlimmer: dem kleinen Ausschnitt an gefärbten Informationen, die Mächtige uns sehen lassen wollen.“

Protagonistin des Films ist die serbische Journalistin und Fotografin Jelena (Nika Rozman). Sie ist Mitglied eines investigativen Redaktionsteams in Belgrad, das sich für demokratische Grundrechte einsetzt. Ihre journalistische Arbeit ist ihre Leidenschaft, doch die Stimmung um sie herum ist seit einiger Zeit bedrohlich und sie wird mehr und mehr zum Ziel rechtsextremer Gruppierungen. Als eines Tages die Redaktion gewalttätig angegriffen und kurz darauf ihre Tochter Lara bedroht wird, beschließt Jelena - sehr zur Erleichterung ihrer Mutter Branka - erst einmal das Land zu verlassen. Und so lässt sie ihren Geliebten Nikola zurück und macht sich mit ihrer Tochter auf den Weg nach Hamburg. In Deutschland versucht sie weiter ihrer Berufung nachzugehen, doch schon bald erlebt sie auch in ihrer neuen Heimat immer stärker werdende Anfeindungen und Bedrohung.

Der Film wurde in Hamburg und Belgrad gedreht. Die Wahl auf Serbien fiel aufgrund der persönlichen Bezüge von Tamara Denić. „Zu beantworten, woher ich stamme, ist kompliziert und politisch, denn seit dem Jugoslawien-Krieg 1992 haben sich Grenzen auf dem Balkan verschoben. Ich bin also bosnische Serbin und Deutsche, denn in Deutschland bin ich aufgewachsen.“ Serbien ist ein Land, das einerseits EU-Beitrittskandidat ist, in dem andererseits Präsident Aleksandar Vučić pro-russisch und anti-westlich/anti-EU agiert. Er selbst war früher aktives Mitglied in der rechten nationalistischen Szene, sein Sohn ist es noch heute. Auf dem Pressefreiheitsindex rangiert das Land auf Platz 91 von 180 (Nordkorea ist das Schlusslicht, Norwegen auf Platz 1). Nach dem Film bat Christoph Giesa die Marienauer*innen um ihre Einschätzung, ob die Darstellung der Angriffe auch in Deutschland denkbar sei oder ob sie es überzogen fanden. Die Marienauer*innen räumten ein, dass sie solche Szenen auf in Deutschland für möglich halten, und das beruht sicherlich auch auf ihrem Wissen aus vergangenen Obligos. Deutschlands Index der Pressefreiheit hat sich seit 2014 kontinuierlich verschlechtert, seit dem Jahr, in dem es die ersten Pegida-Demonstrationen gab. Christoph Giesa schlug auch den Bogen zur Gründung der AfD als politischen Arm der Rechten.

Es war ein intensiver Film- und Gesprächsabend, der erneut zeigte, wie erschreckend nah sich aktuelles Zeitgeschehen und Geschichtliche Ereignisse sind. Die Schüler*innen waren außerdem eingeladen, nicht nur inhaltlich oder politische Fragen zu stellen, sondern gerne auch der Tätigkeit der Regisseurin und zu ihrem Studium. Wir danken Tamara Denić, Christoph Giesa und der Friedrich-Naumann-Stiftung für einen weiteren wichtigen Baustein politischer Bildung in Marienau!