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High Seas High School 2022 - Jill Ennen

Fast sieben Monate war die Marienauerin Jill Ennen Teil des Teams auf der Gulden Leeuw. Auf einem traditionellen Großsegler den Atlantik überqueren, gemeinsam Stürmen trotzen, ferne Länder entdecken und Menschen am anderen Ende der Welt kennenlernen: Das ist seit 1993 die High Seas High School – Das segelnde Klassenzimmer.


„Warum man das Abenteuer High Seas High School (HSHS) wagen sollte? Weil ich so viel dazu gelernt habe, so viel gesehen habe. Weil Segeln bedeutet frei zu sein,“ sagt Jill nach ihrer Rückkehr. Jill besucht die 10. Klasse der Schule Marienau, als sie am 9. Oktober 2021 an Bord des Großsegler geht. Die Gulden Leeuw läuft aus und beginnt ihre große Fahrt. Das erste Ziel heißt Teneriffa, dann KapVerden, von dort aus überquert die Crew zusammen mit den 44 Schüler*innen, 6 Lehrkräften, einer Ärztin sowie natürlich dem Captain den Atlantik. Martinique, Grenada, Panama, Costa Rica und Kuba sind weitere Stationen auf dem 29. Törn des segelnden Klassenzimmers. Über die Bermudas und die Azoren wird es dann im Frühjahr wieder zurück in Richtung Europa gehen.

Woher kommen die Teilnehmenden? Die Schüler*innen sind in der 10. Oder 11. Klasse, kommen aus hauptsächlich aus Hamburg, Berlin, Niedersachsen, Zwei von ihnen kommen vom Internat Spiekeroog, das wie Marienau ebenfalls Mitglied der Internate Vereinigung ist. Zwei Teilnehmende kamen bei diesem Törn aus der Schweiz. Wer teilnimmt, entscheidet sich beim Probetörn, der stets im Sommer vor dem großen Törn stattfindet. Hier kann man für sich testen, ob man bereit ist, sich den Herausforderungen, die das Leben an Bord mit sich bringt, zu stellen. „Man muss für sich individuell entscheiden, ob man es wagen möchte. Und natürlich fällt auch die Crew die Entscheidung, ob sie es einem zutrauen“, sagt Jill. Aktuell laufen die Vorbereitungen für den Törn 2022/23, der Probetörn findet im August statt.

Was ihr persönliches Highlight ist, fällt Jill schwer zu beurteilen, schließlich ist das ganze Unterfangen sehr besonders – uns gleichzeitig völlig normal. „Es klingt paradox, denn obwohl es so anders ist als mein Leben sonst, wird das Leben an Bord sehr schnell zur neuen Normalität. Du nimmst den Rhythmus auf, erfüllst Deine Dienste an Bord, genießt die Landgänge und Mini-Expeditionen, den Unterricht und das Zusammenleben mit den anderen“, versucht Jill das Eintauchen zu beschreiben. Und einige Momente werden ihr ganz besonders in Erinnerung bleiben. Ob es nach objektiven Kriterien das ultimative Highlight mit Wow-Faktor ist, ist dabei unerheblich, es ist eher die Tiefe des eigenen Erlebens. „Unser Aufenthalt auf den St. Blas – Inseln vor Panama war der Hammer. Es war einer unserer nicht geplanten Landgänge auf einer der vielen Inseln dieser Inselgruppe. Auf dieser kleinen Insel wohnten nur ein Mann und ein Affe. Wir haben mit ihm gesprochen, haben mit ihm frische Kokosnüsse gegen Proviant von Bord getauscht. Das Leben schien so einfach zu sein, so anders und so simpel und zugleich beeindruckend,“ erinnert sie sich. Auf Teneriffa erlebten die Segler ein klassisches Konzert im Hafen, auf Martinique war wegen der strengen Covid-Beschränkungen kein Landen möglich. In Costa Rica legte die Gulden Leeuw gleich vier statt zwei Wochen an wegen einer Corona-Welle unter den Teilnehmenden. In David/Panama haben die Teilnehmenden ihre Booster-Impfung erhalten, Weihnachten feierten alle gemeinsam in Flip Flops vor Grenanda. An Bord gab es ein eigenes Krippenspiel, das die Schüler*innen selbst inszeniert hatten. Überhaupt erwies sich die Gruppe als kreativ und vielseitig interessiert. Sie machten Filmabende mit anschließenden Gesprächen, Poetry Slam, Lieder und vielem mehr. Und ja, natürlich gab es auch Unterricht. Grundlage ist das Curriculum der 11. Klasse, allerdings richtet sich der Lehrplan auch nach dem aktuellen Aufenthaltsort: „Bis Panama und Costa Rica haben wir v.a. intensiv Spanisch gelernt, schließlich sollten und sollten wir in der Lage sein, uns mit den Menschen vor Ort auch unterhalten zu können. Und wir wurden auch ganz oft angesprochen, High Seas High School ist den Leuten an vielen Stellen ein Begriff – es war ja der 29. Törn!“. Samstags wurde vormittags Unterricht erteilt, der Nachmittag war den self studies vorbehalten. Alle Schüler*innen mussten auch Referate für den SDG-Unterricht vorbereiten. SDG steht für Sustainable Developmental Goals, also die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Während ihrer siebenmonatigen Fahrt haben die Teilnehmenden einen Blog erstellt, der noch mehr Einblicke und Berichte enthält als in diesen Zeilen hier Platz ist.

Jenseits des Unterrichts mussten alle natürlich an verschiedene Aufgaben an Bord wahrnehmen: Wachen an Deck, im Look out, Dienst am Steuer oder als Deck Leader. Vor allem vor letzterem Job hatte Jill Respekt, denn damit geht viel Verantwortung einher. Während der sog. Hand overs übernehmen die Schüler*innen komplett das Kommando auf dem Großsegler, dies in der letzten Törnwoche sogar durchgehend. Die Schüler*innen haben während des Törns auch all ihren Sportbootführerschein gemacht, die Prüfung haben sie auf Helgoland abgelegt.

Was bleibt? Die Erfahrung, sich etwas zuzutrauen. Das Erleben an Bord und die Begegnungen in den vielen verschiedenen Ländern. Die Erkenntnis, dass die exotischen Früchte vor Ort viel intensiver schmecken. Der Geschmack von Gerichten wie Chayote (Reis mit Bohnen, Avocado und Ananas-Marmelade) und Pupusas aus El Salvador. Kurz: Das prägende Gefühl eines „Once in a lifetime  - Abenteuers“. Wer mehr über High Seas High School wissen möchte, wird auf den Seiten des Segelnden Klassenzimmers fündig. Zum Reiseblog 2021/22